Haushaltsrede 2010

Gemeinderat Teningen, Freie Wähler Fritz Schlotter, Fraktionsvorsitzender

Sehr geehrter Herr Hagenacker, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren,

seit über 40 Jahren lebt unser Staat über seine Verhältnisse, 2013 wird der Bundesfinanzminister voraussichtlich unvorstellbare 54 Mrd. Euro für Zinsen ausgeben müssen. Über die Steigerungsraten spricht in Berlin aber kaum jemand – lange geht das nicht mehr gut.

Bei unserem Gemeindehaushalt 2010 sind leider ebenfalls problematische Rahmenbedingungen festzustellen:

Über 2Mio. Kreditaufnahme, 2 Mio. Negativzuführung (eigentlich eine kameralistische Todsünde und von der Aufsichtsbehörde nur ausnahmsweise genehmigt), 3,5 Mio. Rücklagenentnahme,, nahezu Verdoppelung der Verschuldung im

Kernhaushalt (Wasser, Kalkgrube und TPG noch nicht gerechnet). Berücksichtigt sind hierbei auch nicht die Auswirkungen des Wahnsinns- äh Wachstumsbeschleunigungsgesetzes.

Eines ist also bei den genannten Parametern sicher: Wir stehen mit dem Rücken an der Wand. Diese Situation ist allerdings nicht hausgemacht, sondern entstanden als Auswirkung der Finanz- und Wirtschaftskrise, aber leider auch durch unsinnige

Ausgaben, die unter dem Deckmantel der Krisenbekämpfung geplant wurden (ich nenne nur das Mehrwertsteuerprivileg für Hoteliers – Zurückrudern in Nordrhein-Westfalen inclusive). Und jetzt verlangen doch tatsächlich vor allem Vertreter einer Klientelpartei weitere Steuersenkungen. Alle Wirtschaftswissenschaftler, ein ganz seltener Vorgang, sind sich einig, dass im Augenblick derartige Maßnahmen weiterhin auf Pump geradezu fahrlässig sind. Diese Lobbypolitiker und Vodoo-Ökonomen sollten sich so schnell wie möglich von Anmaßung und Floskelhuberei verabschieden und auf seriöses Handeln besinnen.

Weiter zu unserem Etat:

Wir haben, der Not gehorchend, die von der Verwaltung vorgelegte umfangreiche Streichliste weitgehend mitgetragen. Es gab schlicht und einfach keine Alternative. In Zeiten wie diesen das Füllhorn zu öffnen ist unrealistisch um nicht zu sagen blauäugig. Der Bürger durchschaut die Absicht.

Nachfolgend nun eine kleine Auswahl von richtungweisenden Entscheidungen:

Sanierung Wohnhäuser Albrecht Dürer- und Neudorfstraße

Mit weit über 2 Mio. der größte „Brocken“ im Haushalt. Nur die wirklich gute Teilfinanzierung der energetischen Maßnahmen hat uns überzeugt. Wir akzeptieren, wenn auch schweren Herzens. Würden wir es diesmal nicht tun, käme diese Maßnahme in nächster Zeit, aber ohne Finanzierungsvorteil unweigerlich auf uns zu.

Kindergärten:

Der Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz soll von 2013 an gelten, der Bund will sich, wie immer, nur an der Anschubfinanzierung beteiligen. Ein weiterer Bruch des Konnexitätsprinzipes „Wer bestellt, soll  auch bezahlen“. Und wieder einmal bleiben die Kommunen im Regen stehen. Eine unverzichtbare Maßnahme droht im Kleinkrieg zwischen Berlin, Stuttgart und den Gemeinden zerrieben zu werden. In der Politik rächt sich sehr schnell, wenn man in Kategorien von Wolkenkuckucksheimen denkt und sich nicht mehr an der Realität orientiert, die Folge sind Bruchlandungen. Wie dem auch sein „Die Gemeinde kann ihr Geld nicht besser anlegen, als indem sie es in Kinder steckt“, sagte Churchill schon vor langer Zeit. So gesehen stimmen  wir diesmal der Verschiebung zu, aber ein weiteres Mal machen wir nicht mehr mit.

Vereine:

Die Deutschlandkarte hat neue Farben. Viele dunkelrote Farben, je weiter südlich man kommt. Die Karte hat Methode: Je dunkler, desto mehr ehrenamtlich tätige Menschen. 44 T in fast 500 Land- und Stadtkreisen wurden befragt. Wir stehen dabei sehr gut da, seien wir froh drum, denn eines ist wohl jedem klar: Ohne

ehrenamtliches Engagement geht wenig bis nichts. Das heißt für uns Freie Wähler aber auch, dass wir alles tun müssen, um die Menschen bei der Stange zu halten, mit weiterhin ungekürzten Regel- und Jugendzuschüssen. Auch in schlechten Zeiten unser unumstößliches Primat.

Streetworker:

„Kinder brauchen Zuwendung, besonders, wenn sie sie nicht verdienen“. Unter diese Prämisse sollte man alle Projekte mit der Hauptzielrichtung „Jugendarbeit“ stellen. Allerdings mit Schreibtischarbeit und Ausfüllen von Formularen ist es ganz sicher nicht getan. Wir brauchen Sozialarbeiter, die mit den Jugendlichen da ins Gespräch kommen, wo sie sich aufhalten. Deshalb unsere wiederholte Forderung bei der Neuorganisation der Jugendarbeit: Deutliches Erhöhen der mobilen Präsenz.

Ein Wort zum Wasserhaushalt:

Gegen unseren Willen wurde die Konzessionsabgabe eingeführt, wobei, nach Abzug der Steuern, mit dem Gewinn der Kernhaushalt entlastet werden sollte. Im Umkehrschluss heißt das, der Bürger hat für das Wasser mehr bezahlt, als nötig. Bei der zukünftigen Diskussion um den Wasserpreis werden wir genau darauf deutlich hinweisen.

Meine Damen und Herren, wir müssen damit leben, dass die Gegenwart dem entspricht, was ist, die Vergangenheit nicht änderbar, und die Zukunft ungewiss ist. Ich möchte Dank sagen, zum ersten Mal Ihnen Herr Hagenacker, sie haben, so kurz im Amt neben vielen anderen Verpflichtungen, mit diesem Etat 2010 sicher eine zusätzliche  Herkulesaufgabe zu leisten gehabt, Dank auch Ihnen, Frau Glöckler, Sie kämpfen, wie immer, für Ihren Haushalt wie eine Löwin. Das wird anerkannt, auch wenn manche Parameter von uns hin und wieder etwas anders bewertet werden. Dank gilt allen Mitarbeitern der Verwaltung und des Bauhofes für eine jederzeit gute Zusammenarbeit. Es ist jährlich wiederkehrend, kommt aber von Herzen. Dank gilt vor allem auch den Steuerzahlern, sie haben letztendlich dafür gesorgt, dass dieses Planwerk  noch gerade eben genehmigungsfähig ist.

Meine Damen und Herren, wir haben den Haushalt beraten, Anträge wurden akzeptiert, teilweise angenommen aber auch abgelehnt. Ein normaler Vorgang, aber insgesamt so, dass man ihn nicht ablehnen kann. Dieses Gesamtwerk ist gleichwohl eher eine tragische Angelegenheit, die allerdings nicht in diesen Hallen zu verantworten ist. Wie stand vor kurzem in der BZ: Die Weltwirtschaft erholt sich schneller als erwartet, neue Zahlen und Umfragen sorgen für Zuversicht. Das meinen zahlreiche Ökonomen und Unternehmensführer.

Also sollten wir es halten, mit einer gehörigen Portion Optimismus, wie einst Magister Marinus von Biberach, ausgehendes 15. Jahrhundert, einer Zeit geprägt von bitterer Armut und wenig Hoffnung. Er sagte damals:

I leb und weiß nit, wie lang, I stirb, und weiß nit, wann, I fahr, und weiß nit, wohin, mich wundert, dass ich so fröhlich bin.

Die Freien Wähler stimmen dem Haushalt 2010 zu.

Vielen Dank!

 

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