Haushaltsrede 2012

Gemeinderat Freie Wähler Teningen Fritz Schlotter, Fraktionsvorsitzender

Sehr geehrter Herr Hagenacker, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren,

Das ist heute meine 37. Haushaltsrede als Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler  hier im Gemeinderat. Und…..es ist eine der schwierigsten. Ich hatte mich zu entscheiden zwischen Rückzug in die Kuschelecke mit einem Verbreiten von Friede, Freude, Eierkuchen, oder aber die Dinge klar und deutlich beim Namen zu nennen. Nach reiflicher Überlegung habe ich mich für zweiteres entschieden. Es geht hier einfach um grundsätzliche Weichenstellungen und nicht um ein paar umstrittene Projekte.

Europas ächzt unter der Schuldenlast, Erweiterung des Rettungsschirmes, mangelndes Vertrauen in die Finanzmärkte, Griechenland droht die Pleite, kauft trotzdem Panzer und verzichtet wissentlich auf Milliarden Steuereinnahmen.

Ex-OB Rommel sagte einmal: Wenn man das Geld nicht hat, was man nicht ausgibt, nennt man das heutzutage schon Realismus. Noch schlimmer ist es, wenn man das Geld ausgibt, was man nicht hat. Folgerichtig hat der Bürgermeister, in vermeintlich weiser Voraussicht, seit mehr als einem halben Jahr, bei jeder Gelegenheit, öffentlich oder in kleinem Kreis gepredigt: Schulden runter, Rücklage auffüllen, Kreditaufnahme vermeiden, All diese eigentlich geradlinigen, folgerichtigen und nachvollziehbaren Haushaltsgrundsätze gipfelten in eine öffentliche Äußerung bei der Verabschiedung des Haushaltes 2011. Der Bürgermeister war damals, eigene Aussage, nahe daran, den eigenen Haushalt abzulehnen, die CDU Fraktion hat`s getan. Begründung? Eine Mehrheit dieses Gremiums hatte  aus verschiedenen Gründen (regionaler Konsens, Rückmeldung aus der eigenen Bevölkerung, Ökologie usw.) einen Waldverkauf an die Bahn abgelehnt. Folge war eine Kreditaufnahme von 900 T Euro, die, wie jeder wusste , gar nicht zum Tragen kommen würde, weil der Haushalt 2010 mit einem sehr positivem Ergebnis abgeschlossen werden konnte.

 

Wenn man alle verschiedenen Facetten dieser finanziellen Grundüberzeugung zusammenfasst,  müsste sich das Bild eines sparsamen und zukunftsgerichteten Verwaltungschefs ergeben.

So weit, so gut. Bis,  ja bis wir den Etatentwurf 2012 gesehen haben. Hier lagen Anspruch und Wirklichkeit schlicht und einfach Lichtjahre auseinander. Rücklagenentnahme 1,3 Mio. Euro, Verschuldung exorbitant angewachsen und zusätzlich Kreditaufnahme. Ein Entwurf, bei dem die Freien Wähler, aber nicht nur die, erschrocken um nicht zu sagen schockiert waren. Das war ein Entwurf, in dem alle essen möchten, aber keiner das Geschirr spülen will. So werden Belastungen auf künftige Generationen abgeladen, um sich eigene Träume zu erfüllen. Im Finanzausschuss gab es dann das verzweifelte Bemühen, den Haushalt glattzubügeln, wobei verschiedene Vorschläge zu Kosteneinsparungen gemacht wurden. Allerdings weitgehend kosmetischer Natur.

Auf jeden Fall wurde von zwei Fraktionen deutlicher Unmut geäußert. Dann kam noch die Entgegnung des Bürgermeisters: “Wenn Ihnen der Haushalt nicht passt, können Sie ihn ja ablehnen“. Das ist flapsig und hat nichts aber auch gar nichts mit gemeinsamem Ringen um ein akzeptables Etatwerk zu tun. Auf jeden Fall hat die in der Weihnachtssitzung von mir geäußerte und euphorisch aufgegriffene 95% Übereinstimmung bei den Beschlüssen über das Jahr durch diesen Etat einen deutlichen Dämpfer erhalten. Es geht hier eben nicht um einzelne Abstimmungen, sondern um die Generallinie, und die stimmt nicht. Gutes Jahr 2012, unerwartete 400.000 Euro Zuwendung für Kleinkindbetreuung, man höre und staune 90% der Kreisgemeinden haben in ihren Haushalten 2012 beschlossen: Keine Kreditaufnahme, Verschuldung senken Rücklage auffüllen oder gar beides. Teningen hält hier eine unrühmliche Spitzenposition. Die CDU im Land dringt z.B. auf Schuldentilgung, für sie ist die Absage an neue Schulden nicht ambitioniert genug.

Sommer 2011:

Auf der Homepage der CDU zu lesen: CDU Gemeindeverband erwartet: Schulden abbauen, Rücklagen auffüllen. Gegenüber dem heutigen Etat war die 2011 vorgesehene und nicht benötigte Kreditaufnahme vernachlässigbar. Bei einigermaßen konsequentem Handeln müssten die Kollegin und die Kollegen zu meiner Rechten diesen Etat in Bausch und Bogen ablehnen. Wir Freien Wähler sind gespannt. Meine Damen und Herren, die wesentlichen Parameter des Haushaltes sind mit diesen eindringlichen Vorbemerkungen aus der Sicht der Freien Wähler umfassend analysiert, so dass ich mich in der Folge auf ein paar wesentliche Projekte beschränken kann.

Megathema Schulentwicklung:

Wir wollen eine breite, offene und vor allem öffentliche Diskussion über Strategien zu diesem Thema, auch wenn dies nicht unbedingt erwünscht ist. Bürgerbeteiligung ist ein hohes Gut, Stuttgart 21 lässt grüßen. Am Anfang muss die Beurteilung der Gesamtsituation stehen.

Die Aufgabenstellung für den externen Experten wird gemeinsam mit den Fraktionsvorsitzenden festgelegt. Es darf kein Verdacht aufkommen, dass Inhalt, Zielsetzung und Analyse bereits vorher festgezurrt sind. Die Parameter geben die Bildungspolitik in Bund und Land sowie unsere finanzielle Leistungsfähigkeit vor. Innerhalb dieser Rahmenbedingungen werden wir mit Sicherheit ein großes Maß an Gestaltungsmöglichkeiten haben. Auf diesem Wege dürfen natürlich keine Investitionen in pädagogische Einrichtungen vorgenommen werden, die persönlich motivierte Präferenzen zementieren. Auch, wenn der Bürgermeister den Hinweis auf demographische Entwicklungen fürchtet wie der Teufel das Weihwasser. Er kommt nicht daran vorbei. Auch nicht, dass Eltern mit den Füßen abstimmen und der Wegfall der Grundschulempfehlung deutliche Auswirkungen haben wird. Hier die verwaltungsseits deutlich präferierten kleinen Schuleinheiten, auf der anderen Seite Schulen mit Mensa, Ganztagesbetreuung, Hallen, Sportplätzen und vielfältigem Projektangebot. Wir werden sehen, wie die Eltern reagieren.

Wohnraumbewirtschaftung:

Ein von der Gemeinde in Auftrag gegebenes Gutachten hatte, welches Wunder, punktgenau die Meinung des Bürgermeisters als Ergebnis formuliert.

Dazu kommt noch der Artikel im Gemeindetagsblatt. Manche Kommunen würden die Bewirtschaftung wieder in eigene Hand übernehmen.  Stimmt, aber warum? So haben sie in schlechten Zeiten eine Sparkasse. Mal in einem Jahr keine Sanierung oder Unterhaltung, die Miete könnte dann zum Etatausgleich verwendet werden. Das wäre bei anderen Betriebsformen nicht möglich. Dann steht da noch das weitere Vorgehen zum Gemeindehochhaus an. Es wird zwar fast so getan, aber eine Entscheidung ist noch nicht gefallen. Verkauf, Sanierung durch die Kommune, Überleitung in eine andere Betriebsform stehen in der Diskussion. Wir sind gespannt.

Rebay-Erinnerungsstätte:

Eine Entscheidung steht schon seit langem. Dem Bürgermeister gefällt sie nicht, er hat wohl etwas anderes versprochen. Ergebnis: Immer wieder Verschiebung mit teilweise schwammigen Erklärungen. Wir fordern das Umsetzen des Beschlusses vor der Sommerpause, wenn nicht die Rebay-Stiftung Umbau- und Betriebskosten übernehmen sollte. Übrigens: Die 180° Kehrtwendung der CDU Fraktion kam für alle doch etwas überraschend. Oder, vielleicht doch nicht, Herr Hagenacker? Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

Auf das Märchen vom erheblichen Sanierungsstau als Argument für diesen Haushalt will ich gar nicht groß eingehen. Das würde ja heißen, Ihr Vorgänger hätte in diesem Bereich Handlungsdefizite gehabt. Nein, damals wurde mit den Ressourcen einfach behutsamer umgegangen.

Meine Damen und Herren, weitere Beispiele ließen sich problemlos aufzählen. Die Zeit lässt es nicht zu. Auf jeden Fall kann man zusammenfassend sagen, dass sich einiges an diesem Haushalt darstellt, wie eine Tüte Popcorn: Viel Luft und wenig Substanz.

Die Fraktion ist bei der Beurteilung unterschiedlicher Auffassung: Die Mehrheit lehnt den Haushalt ab. Einige enthalten sich.

Dank an alle Beteiligte für die Bewältigung der Aufgaben über das gesamte Jahr. Herzlichen Dank an die Steuerzahlen, vor allem die, die auch wirklich ihren Obolus entrichtet haben. Dank an alle Kolleginnen und Kollegen der anderen Fraktionen für eine, trotz stellenweise unterschiedlicher Meinungen, faire Zusammenarbeit.

Vielen Dank.

 

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